Nachfrage nach Wohn- und Büroflächen mit Nachhaltigkeitskriterien

Bei einer privaten Vermietung, Verpachtung oder beim Verkauf muss in Österreich ein Energieausweis vorgelegt werden – zum Beispiel gegenüber der Hausbank bei der Finanzierung einer Eigentumswohnung. Die Informationspflicht über den energietechnischen Zustand des Gebäudes gilt bereits auch in Immobilieninseraten. Der Energieausweis beschreibt den Strom- und vor allem Wärmebedarf und kann abhängig von Bauvorschriften der einzelnen Bundesländer unterschiedlich ausgestaltet sein.

Einen weiteren Trend in Richtung Ressourcenschonung gibt es auch im Bürobereich, denn Mieter fragen zunehmend ESG-konforme Flächen nach. Neben den Umweltthemen ist auch der ESG-Teil „Social“ ein Kriterium – vom Angebot von Kinderspielplätzen über Gemeinschafträume bis zu leistbaren Mieten (letzteres steht aus naheliegenden Gründen nicht allen Vermietern an erster Stelle).

Aus Sicht der Vermieter kann Nachhaltigkeit auch eine gezielte Wahl ihrer Mieterstruktur bedeuten. So entscheiden sich Immobilienfonds bei ihrem Portfolio mitunter, Mieter aus Bereichen wie Prostitution oder Waffenhandel auszuschließen. Diskussionen dazu gibt es mittlerweile auch zu Unternehmen aus der Mineralölindustrie und sogar bei Autowerkstätten.

Beide Sichtweisen – die Perspektive der Mieter ebenso wie die Sicht der Vermieter – sind ein willkommener Gegenstand in Geschäftsberichten. Es profitieren gewerbliche Mieter, die auf grüne Büroimmobilien setzen und es punkten Betreiber, die ESG-Maßnahmen umsetzen. So kann ein Eigentümer eines Gewerbeparks eine Investition in Photovoltaikanlagen auf Dachflächen als grünes Investment geltend machen. Zugleich wird das betreffende Asset von einem braunen zu einem grünen Gebäude gedreht.

Obwohl die Taxonomie-Verordnung bereits vor zwei Jahren beschlossen wurde, sind Maßnahmen und Effekte daraus noch im Fluss. Der gut 400 Seiten umfassende Gesetzestext liefert die Vorgaben – die Unternehmen arbeiten sich aber erst in der Praxis an das Regelwerk heran. Jeder will sich grünen Investitionen auf seine Fahnen heften und gerade auf Eigentümerseite werden die Möglichkeiten für Verbesserungen in den Ratings unterschiedlich diskutiert.

Welche Möglichkeiten aber haben Immobilienbetreiber, Mieter zu einer nachhaltigen Bewirtschaftung einer geschäftlich genutzten Liegenschaft zu ermutigen? Vermieter setzen hier zunehmend auf sogenannte „Green Leases“ – im Prinzip sind dies Nachhaltigkeitsklauseln im Mietvertrag. Je nach Art des Gebäudes können darin ökologische Baustoffe bei baulichen Veränderungen gefordert werden, umweltfreundliche Reinigungsmittel und Wassersparen im Facility Management oder Obergrenzen in der Nutzung von Wärme- und Kühlsystemen.

Vielerorts strebt man in der Branche an, die Kunden bei der Verlängerung eines Mietvertrages auf Green Leases umzustellen. Bei Neuverträgen ist es fast schon Standard. Es ist eine Win-Win-Situation: Eigentümer sorgen so nachweislich für ein grünes Einkommen. Und eingemietete Unternehmen sparen Ressourcen zum Wohle ihrer Bilanz und Umwelt. Auch Facility-Management-Firmen haben so die Möglichkeit, sich positiv am Markt zu positionieren. Aus einem weiteren Grund sind Green Leases für Vermieter wichtig: Bestandteil der Klauseln ist der Zugriff auf die Energieverbrauchsdaten der Mieter. Die sind notwendig, um eine vollständige CO2-Bilanz eines Gebäudes errechnen zu können.

Unterm Strich müssen Immobilienfonds heute ihren institutionellen Investoren nachweisen, welche Teile ihrer Assets tatsächlich als grün eingestuft werden. Auch die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) der EU zielt auf eine einheitliche Qualität und Vergleichbarkeit in der Nachhaltigkeitsberichterstattung ab. Mit dem Inkrafttreten der CSRD Anfang des Jahres sind nun mehr als 50.000 Unternehmen in der EU verpflichtet, Nachhaltigkeitskennzahlen nach den neuen Standards zu berichten. Kleine und mittlere Unternehmen werden folgen.

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